Die Notwendigkeit der Weisheitszahnentfernung ergibt sich aus folgenden Indikationen:
1. Schmerzen aufgrund von Entzündungen des umgebenden Weichgewebes (Dentitio difficilis bei teilweisen Durchbruch in die Mundhöhle) oder kariöser Zerstörung des Weisheitszahnes
2. bei krankhaften Veränderungen in der Region des Weisheitszahnes (z.B. Zysten – flüssigkeitsgefüllte Raumforderungen)
3. Platzmangel im Kiefer mit fehlender Durchbruchsmöglichkeit und Druckausübung auf die Nachbarzähne kann das Verschieben von Zähnen bewirken (erschwerte kieferorthopädische Retention)
4. schwer zu reinigende Region, die zu Zahnschädigung oder Zahnverlust der Nachbarzähne oder zu Zahnfleischtaschenerkrankungen (Parodontitis, Parodontose) führen kann
5. bei unklaren wiederkehrenden Gesichtsschmerzen (z.B. ausstrahlende Schmerzen in die Kiefergelenke und Ohren), bei denen der Weisheitszahn eine mögliche Ursache sein kann
Alternativen zur Weisheitszahnentfernung sind z.B. die regelmäßige Kontrolle durch den Zahnarzt oder die konservative Therapie mittels Spülungen und der eventuelle Einsatz von Antibiotika. Man muss kritisch betrachten, dass die visuelle Kontrolle nur bedingt möglich ist (je nach Position des Zahnes) und die radiologische Verlaufskontrolle in kurzen Abständen nicht indiziert ist.
Das Spülen, als lokale Behandlung, kann die Zeit bis zur Weisheitszahnentfernung oder bis zur Entscheidungsfindung des Patienten überbrücken. Häufig werden wir gefragt, ob beim Spülen mit Schmerzen zu rechnen ist. Unsere Erfahrungen sind, dass das intensive Spülen der Weisheitszahnregion in Abhängigkeit vom Entzündungsgrad unangenehm sein kann und die Beschwerden danach noch mehrere Stunden anhalten können. Erst danach stellt sich deutliche Besserung ein. Dies ist völlig normal. Daher Fragen wir unsere Patienten mit Weisheitszahnbeschwerden immer vorher, ob sie die Spülung möchten oder nicht. 🙂
Vor dem Eingriff, an einem separaten Termin, findet das obligatorische Aufklärungsgespräch statt. Hier wird der Patient ausführlich über Risiken, Komplikationen und Folgen sowie Alternativen informiert. Von Interesse für den Zahnarzt sind Erkrankungen, Medikamente und Allergien. Blutverdünnende Medikamente dürfen nicht eigenmächtig abgesetzt werden, sondern nur nach Absprache mit dem behandelnden Hausarzt oder Internisten, ansonsten riskiert man seine Gesundheit. Die Aufklärungsbögen sollten vor dem Eingriff gewissenhaft durchlesen werden. Bei Fragen steht der Zahnarzt jederzeit zur Verfügung. Vor dem Eingriff in örtlicher Betäubung (Spritze, Lokalanästhesie) sollte normal gegessen und getrunken werden. Diabetiker sollten unvorhersehbare Behandlungszeitverlängerungen bei der Insulindosierung berücksichtigen. Um die Bakterienzahl im Mundraum zu reduzieren, sollten die Zähne vorher gründlichst geputzt werden. Häufig versichern uns Raucher, dass sie die kommende Woche nach der Zahnentfernung nicht Rauchen werden, um das Entzündungsrisiko der Wunden zu verringern. Leider wirken die Einflüsse des Rauchens mehrere Monate nach. D.h. um das Risiko einer Wundheilungsstörung wirksam zu verringern, müsste man 3-6 Monate vor dem Eingriff aufhören zu Rauchen. 😉
Weisheitszähne sind häufig vollständig oder teilweise von Zahnfleisch bedeckt und daher schwieriger zu entfernen als herkömmliche Zähne. Vor der Entfernung erfolgt örtliche Betäubung im Mund. Dabei werden Schmerzen ausgeschaltet, so dass der Patient lediglich Geräusche oder etwas Druck wahrnimmt. Das Zahnfleisch wird nach einem kleinen Schnitt vom Kiefer gelöst. Aufmerksame Patienten fragen uns manchmal nach dem Eingriff, ob das normal ist, dass „die Wange“ angenäht erscheint. Nein, die Wange ist nicht angenäht und ja, es ist normal. Dies ist ein spezieller Schnitt zu Schutz des Zungennerven, der für Gefühl in der Zunge verantwortlich ist. Der Weisheitszahn wird maschinell dargestellt und gelockert, wenn herkömmliche Methoden das nicht ermöglichen. Dies wird als Vibrationsgeräusch wahrgenommen. Nach Lockerung wird der Weisheitszahn entfernt. Bei großen Zähne mit Verlagerung oder engen Platzverhältnissen, muss der Zahn ggfs. zerkleinert und in mehreren Stücken entfernt werden. Abschließend wird das Zahnfleisch wieder vernäht und die Wundheilung kann beginnen. Die Fäden werden nach 7-14 Tagen schmerzfrei entfernt.
Im Nachgang beobachten einige Patienten noch ein „Restloch“, in dem der Weisheitszahn vorher stand. Der Kiefer heilt von innen nach außen „muldenförmig“ aus, d.h. die Mulde wird in den kommenden Wochen immer flacher und verschwindet gänzlich.
Mit welchen Schmerzen ist zu rechnen?
Schmerzen treten erstmals zur örtlichen Betäubung in Form eines kleinen Nadelstiches auf (2 je Weisheitszahn), vergleichbar mit der Blutabnahme beim Hausarzt. Bei schmerzempfindlichen Patienten kann der Stich mittels Spray reduziert werden; ein Restempfinden ist aber möglich. Nach 3-6 Stunden klingt die lokale Betäubung ab und ein Wundschmerz tritt auf. Diese postoperativen Wundschmerzen sind mit herkömmlichen rezeptfreien Schmerzmitteln gut zu behandeln. Fragen Sie zu Risiken, Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten/Allergien bitte Ihren Arzt oder Apotheker im vornherein. Während des Eingriffes treten nur selten Schmerzen auf (z.B. bei vorangegangenen oder akuten Entzündungen), die durch Verstärkung der örtlichen Betäubung beseitigt werden können. Druckempfindungen während der Zahnentfernung werden gelegentlich als unangenehm wahrgenommen, sind jedoch nicht schmerzhaft.
Was ist nach dem Eingriff wichtig?
Bitte nicht rauchen, damit die Wunden zügig verheilen. Die Erfahrung zeigt, dass es für einige Patienten schier unmöglich erscheint. Die Gesetzgebung legt eine Fahruntauglichkeit von 24h nach Lokalanästhesie fest. Das gilt auch für Fahrradfahren. Aus diesem Grund sollten Sie sich abholen lassen oder die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. In den ersten 4 Tagen entstehen erwartungsgemäß starke Wangenschwellungen kombiniert mit eingeschränkter Mundöffnung, insbesondere bei unteren Weisheitszähnen. Das völlig normal. Die Schwellungen bleiben recht hartnäckig, egal wie gut gekühlt wird. Nach 4-5 Tagen gehen die Schwellungen schrittweise zurück bis nach einer Woche kaum noch etwas zu spühren ist. Ähnlich verhält es sich mit der eingeschränken Mundöffnung. Selten gibt es Patienten, die weder Schwellung noch eingeschränkte Mundöffnung vorweisen. Das ist abhängig von der individuellen Reaktion jedes Patienten und hat nichts mit dem Eingriff zu tun. Blutergüsse/Hämatome können zu vorübergehenden blauen bis gelben Flecken im Gesichts-, Hals- und Oberkörperbereich führen. Kühlung mit feuchten Tüchern und die Einnahme von Suppen- und Breikost 7 Tage lang sorgen für rasche Wundheilung. Die Anwendung von Eis-Akkus birgt die Gefahr der Unterkühlung und wird daher heute immer weniger empfohlen. Körperliche Ruhe (Krankschreibung ca. 7 Tage), das Vermeiden von Sonneneinstrahlung und gelegentliche Mundspülungen mit gekühltem Salbei- oder Kamillentee wirken sich positiv auf die Wundheilung aus.
Welche Risiken und Komplikationen sind möglich?
Neben Überempfindlichkeitsreaktionen und Allergien auf Betäubungsmittel oder Medikamente können Blutungen während oder nach dem Eingriff auftreten. Betroffen sind eher Patienten mit Blut-verdünnenden Medikamenten oder Gerinnungsstörungen. Durch Kompression der Wunde mit einem sauberen Taschentuch (Knoten ins Tuch machen und 30-60 min aufbeißen) können die selten vorkommenden Blutung meist gestillt werden. Eine zeitnahe Wiedervorstellung beim Arzt oder Zahnarzt wird dann aber empfohlen. Wunden können sich entzünden, da die gesamte Mundhöhle mit Bakterien besiedelt ist. Daher kann die Einnahme von Antibiotika und Spülung der Wunden notwendig werden.
Da Weisheitszähne meist fest im Kiefer verankert sind, ist es möglich, dass sich Füllungen und Zahnersatz an Nachbarzähnen lösen. Gelöster Zahnersatz kann in aller Regel wieder befestigt werden.
Im Unterkiefer verlaufen Nerven knapp unterhalb der Zahnwurzeln. Im Bereich des Kieferwinkels befinden sich die Weisheitszähne häufig in verlagerter oder teil-durchgebrochener Position und somit im enger Nachbarschaft zum Unterkiefernerv. In einigen Fällen liegen Nerv und Weisheitszahn so nah beieinander, dass sie sich berühren. Für diese Fälle muss das Risiko-Nutzen-Verhältnis besonders äbgewägt werden. Mit der 3D-Röntentechnik (digitale Volumentomografie) sind wir in der Lage, die örtlichen Zusammenhänge zwischen Nerv und Zahn genau zu erfassen und den Patienten umfassend aufzuklären. Der Unterkiefernerv versorgt eine Hälfte der Unterlippen-Kinn-Region mit Gefühl (keine Bewegung) sowie das Empfinden der Unterkieferzähne der jeweiligen Seite. Nahe der Zunge verläuft ein Gefühlsnerv, der eine Zungenhälfte mit Gefühl/Geschmack (keine Bewegung) versorgt. Auch dieser Nerv liegt in der Nähe der Weisheitszahnregion. Daher besteht bei einer unteren Weisheitszahnentfernung immer ein „Restrisiko“ der Gefühlsstörung (Taubheitsgefühl bei Betasten oder ein Kribbeln) der Unterlippe, oder Zunge oder der Zähne (z.B. Kälteunempfindlichkeit). Der Zahnarzt klärt vorher umfassend auf und wägt die Restrisiken mit Ihnen zusammen ab.
Im Oberkiefer befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Weisheitszähnen keine speziefischen Nervenhauptäste. Oberhalb der Weisheitszähne befinden sich die Kieferhöhlen (Luft-gefüllte Hohlräume) rechts und links. Entzündungen an Zähnen können Einfluss auf die Kieferhöhlen nehmen und umgekehrt. Manchmal kommt es vor, dass Zahnwurzeln in die Kieferhöhlen hineinragen. Nach der Entfernung kann dann ein Tunnel/eine Verbindung zwischen Kieferhöhle und Mundhöhle auftreten, der dann dicht verschlossen werden muss. Im Nachgang sollte 10-14 Tage nicht geschneuzt werden, da die Kieferhöhlen und die Nase miteinander in Verbindung stehen. Der Druck, der beim Ausschnauben entsteht, könnte die Wundheilung negativ beeinflussen. Auch hier klär Ihr qualifizierter Zahnarzt umfassend auf und wägt mit Ihnen zusammen die Restrisiken ab.
Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ein individuelles Aufklärungsgespräch kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Ihr Zahnarztteam in Dresden